Burnin statt Burnout!

7 08 2013

Das „Burnin-Prinzip“ ist eine neuartige selbstentwickelte Methode.

Sie ist einzigartig und beruht auf aktuellsten naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Es wird dieEigenmotivation der Mitarbeiter gezielt gesteigert und dadurch die Leistungsfähigkeit und Produktivität merkbar erhöht, was sich wiederum in steigenden Gewinnen des Unternehmens wiederspiegelt.

Die Inhalte setzen schon weit vor den eigentlichen Burn-Out-Prophylaxe-Themen an und sind somit für jedes Unternehmen von dringender Relevanz.

Das „Burnin-Prinzip“ wirkt in 2 Richtungen:

1. Die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter wird durch die hohe Selbstmotivation gesteigert, „BRENNEN“ für das Unternehmen.

2. Die Seminarinhalte bleiben im Langzeitgedächtnis hängen, „BRENNEN“ sich also regelrecht ins Gedächtnis ein

(= NACHHALTIGKEIT).

(Quelle: http://www.burnin4business.com)

Was kann ich als Betriebsrat dazu beitragen, dass MitarbeiterInnen ihre gesunde Leistungsfähigkeit und Eigenmotivation erhalten? Wie kann ich als Schlüsselperson im Betrieb mit bestem Beispiel voran gehen? Welche Kraftquellen und Strategien gibt es und wie können sie in den Arbeitsalltag integriert werden? Sensibilisierung der Wahrnehmung, speziell in Hinblick auf burn-out-gefährdete MitarbeiterInnen. Wie kann ich Symptome rechtzeitig erkennen? Wie spreche ich einen Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin mit Sensibilität und Wertschätzung, in Hinblick auf Gesundheitsfragen an? Welche Rolle spielt die Teamarbeit bei der MitarbeiterInnengesundheit? Bitte bequeme und wetterfeste Kleidung, festes Schuhwerk und gute Laune mitbringen. Das Seminar findet im Seminarraum und in der Natur statt.

Seminardatum: Start am 20. September um 9 Uhr, Ende am 21. September um 17 Uhr

Semianort: JUFA Maria Lankowitz

Trainerin: Sabrina Sohr-Kleinschuster

Anmeldung: www.voegb.at/steiermark

Kosten: Keine (Voraussetzung Gewerkschaftsmitgliedschaft)

Kostenlose Nächtigung im JUFA möglich

Burnin statt Burnout

Burnin statt Burnout

Bildquelle: http://www.gegenkopfschmerzen.de/blog/2011/07/18/online-umfrage-burn-out-gefahr-bei-fach-und-fuhrungskraften-gesunken/





Burnout

4 11 2012

Burnout – Systematischer Verschleiss von Menschen[1]

Mir ist „am wichtigsten, dass die Menschen in diesem Land wieder lernen, dass sie in einem guten Land leben, das sie lieben können. Weil es ihnen die wunderbaren Möglichkeiten gibt, in einem erfüllten Leben Freiheit zu etwas und für etwas zu leben“, ließ uns Joachim Gauck anlässlich seiner Nominierung für das Amt zum deutschen Bundespräsidenten wissen[2].

Bodenhaftung liegt ihm fern. Er lebt in einer Parallelgesellschaft, in einem anderen Land als die 25 Mio AOK Versicherten. Ihre Krankheitstage sprechen nicht im Mindesten von einem „erfüllten Leben“. Psychische Erkrankungen nehmen in diesem „guten“ Land rasant zu: „Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen sind seit 1999 um nahezu 80 Prozent angestiegen“, berichtet das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO). 2010 wurde der Krankenstand von 10 Millionen versicherten Beschäftigten untersucht. Die Ausfallzeiten bei psychischen Erkrankungen dauerten mit 23,4 Tagen je Fall doppelt so lange wie im Durchschnitt aller Krankheiten mit 11,6 Tagen je Fall.[3] Andere Krankenkassen berichten ähnliches. „Psychische Störungen sind eine neue, aber verdeckte Volkskrankheit“, fasst Rolf-Ulrich Schlenker, der Barmer GEK-Vize die Situation zusammen[4].

Allein wegen Burnout sind die Krankheitstage um das nahezu 9-fache zwischen 2004 und 2010 angestiegen. Ähnliches berichtet die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse: „Psychische Erkrankungen – wie Burnout oder Depressionen – sind in
den letzten Jahren dramatisch angestiegen. Sie stellen bereits für
Frauen die häufigste und für Männer die zweithäufigste Ursache für Frühpensionierungen dar. Im vergangenen Jahr waren 2,4 Millionen
Krankenstandstage auf psychischen Krankheiten zurückzuführen“[5] Schauen wir uns in Unternehmen, Verwaltungen, Organisationen, Kliniken, sozialen, pädagogischen und anderen Einrichtungen um, bestätigen sich die Daten. Überall erleben wir Menschen, die im und am Burnout leiden. Gusy u.a. sprechen von einem arbeitsbezogenen[6] Syndrom. Als Syndrom wird  eine Gruppe von gemeinsam auftretenden Krankheitszeichen bezeichnet.

Nach der von der WHO geltenden „Internationalen Klassifikation der Krankheiten“ (ICD-10)[7] kann Burnout nicht als Krankheit diagnostiziert werden. Er gilt als Zustand physischer und psychischer Erschöpfung und fällt unter die Diagnosegruppe „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“. Anders als die Arbeitswissenschaftlern Gusy u.a. sieht die WHO die Ursache des Burnouts offensichtlich überwiegend beim Menschen, nicht in den Arbeitsbedingungen.

Kein individuelles Problem
Ist Burnout also ein individuelles, persönlich verursachtes Problem von vielleicht besonders labilen Menschen? „Knapp 100.000 Menschen mit insgesamt mehr als 1,8 Millionen Fehltagen wurden … im Jahr 2010 wegen eines Burn-outs krankgeschrieben“, berichtet Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO[8]. Bei so vielen Kranken muss es wohl andere Ursachen geben, bedenkt man den rapiden Anstieg. (Zwar können Ärzte Burnout nicht als eigenständige psychische Krankheit codieren, zunehmend aber geben sie die Gruppe „Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen“ als Zusatzinformation an.)

Hunderte Medien, TherapeutInnen, ÄrztInnen, Sanatorien, Gewerkschaften, Krankenkassen, Wissenschaftler, Angehörige, Beschäftigte, Unternehmen, Betriebsräte beschäftigen sich mit dem Burnout betroffener Menschen. Der quantitative und qualitative Schwerpunkt liegt dabei auf der individuellen Ebene. Therapien zu Bewältigungsstrategien – teilweise verbunden mit dem Rat sich zu outen oder dem Rat den Arbeitsplatz zu verlassen – werden angeboten. Ein therapeutischen Geschäftsbereich ist entstanden. WissenschaftlerInnen erforschen individuelle Voraussetzungen oder Dispositionen. Persönlichkeitscharakteristika wie sogenanntes „Überengagement“ (wer nie gelodert hat, kann auch nicht ausbrennen) werden als Ursachen beschrieben. Einige diskutieren, ob es sich denn wirklich um eine Krankheit handele, andere ob es eine Form der Depression sei oder nicht. In Medien wird das Leiden der Menschen teilweise sogar als „Modekrankheit“ diffamiert oder die Frage gestellt, ob wir in einer Burnout-Gesellschaft leben.

Langfristig oder fortschrittlicher Denkende schlagen individuelle Prävention vor. Es werden Tipps veröffentlicht, wie man Warnsignale bei sich selber oder nahestehenden Personen möglichst frühzeitig identifizieren kann um gegen zusteuern, den Prozess des Ausbrennens möglichst frühzeitig zu stoppen. Häufig wird die Dualität von familiären, persönlichen Problemen in Verbindung mit den Bedingungen und Anforderungen am Arbeitsplatz als Ursache vermutet. Wieder andere untersuchen, ob es bestimmte Berufsgruppen wie Dienstleistungsberufe oder helfende Berufe gibt, in denen sich die Gefahr des Burnouts verstärkt verbirgt. Von der Entfremdung von der Arbeit, von der Kluft zwischen Unternehmen und Person wird gesprochen. Selten wird über eine kollektive Prävention – also eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen – nachgedacht, wie es die IG Metall in Deutschland in ihrer hervorragenden Broschüre tut[9].

Keiner dieser Herangehensweisen soll ihre Berechtigung abgesprochen werden.  Die Menschen in Not brauchen sie. Aber fast alle Initiativen bleiben an der Oberfläche, befassen sich lediglich mit den Erscheinungsformen, erfassen jeweils nur Teilaspekte. Kaum eine dringt zum Kern des Problems vor: den inhumanen Arbeitsbedingungen und -verhältnissen, wie sie dem Kapitalismus immanent sind.

Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbedingungen
Hohe Arbeitsintensität, lange und unplanbare Arbeitszeiten, bezahlte und unbezahlte Überstunden, Vertrauensarbeitszeiten, Schicht- und Nachtarbeit, Arbeitsplatzunsicherheit, widersprüchliche Arbeitsaufgaben bzw. –aufträge, keine klare Prioritätensetzung, geringe Qualifikationsmöglichkeiten, qualitative und/oder quantitative Über- bzw. -Unterforderung, mangelnde Anerkennung und/oder Unterstützung, permanente Umstrukturierungen, ununterbrochene Ausdünnung der Belegschaften, schleichendes stückchenweises – unmittelbar kaum wahrnehmbares -Draufpacken zusätzliche Arbeitsaufgaben prägen den Arbeitsalltag der meisten Beschäftigten. Internet, E-Mails, Facebook, Twitter u.a., Handys, Smartphones, Tablets ermöglichen den Unternehmern die Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen, ja verschwinden zu lassen.

Mit den perfidesten Methoden wird immer mehr Output aus den Menschen gepresst. Der Druck ist subtil, immer öfter werden sie indirekt gesteuert. Die Selbstständigkeit, der eigene Willen der Beschäftigten werden instrumentalisiert für den Unternehmenszweck. Sie sollen agieren wie Unternehmer. Mehr und mehr Verantwortung wird ihnen übertragen, ohne dass sie wirklich Handlungs- und Entscheidungsfreiheit haben. Denn Rahmenbedingungen wie Termine, Kosten, Personal, Qualität legt die Unternehmensleitung fest. Dazu werden auch teilautonome Einheiten, Profitcenter und kleinere GmbHs organisiert. Der Taktgeber für die zur Verfügung gestellte Zeit für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe aber ist und bleibt der Unternehmer. Bezahlt wird nicht mehr nach Arbeitszeit. Was zählt, ist das Ergebnis, und Ergebnis ist nur ein anderes Wort für höheren Profit. Etwas anderes wird nicht geduldet.[10]

Folge ist, dass immer mehr Arbeitsstunden in Projekte und Arbeitsaufgaben gesteckt, nicht angeordnete, unbezahlte Überstunden erbracht werden. In Österreich wurden 2011 303 Mio Mehr- und Überstunden geleistet. 67 Mio, also 22 Prozent,  wurden weder zeitlich noch geldlich abgegolten.[11] Weil das nicht reicht, um die Motivation der Beschäftigten anzutreiben, wird unverhohlen gedroht, nicht mehr in den Arbeits- bzw. Unternehmensbereich zu investieren oder das Team/die Abteilung aufzulösen. Um die Konkurrenz untereinander anzustacheln, werden Vergleichswerte als Referenzgrößen (Benchmarks) mit anderen Unternehmen, Werken, Abteilungen, Arbeitsbereichen, angeblich vergleichbaren Einheiten, angeführt. Systematisch vergrößern die Unternehmer und andere Verantwortliche die Kluft zwischen vorgegebenen Zielen und Arbeitsaufgaben einerseits und deren Machbarkeit in der vorgegebenen Zeiteinheit andererseits. Wer da nicht mithalten kann, weiss, dass letztlich seine berufliche Existenz auf dem Spiel steht. Zukunftsangst ist seit Hartz IV in Deutschland in die einstmals relativ sichere Arbeitswelt als ständige Begleiterin eingezogen. Arbeitsplatzzerstörungen wie jüngst für 15 000 Schlecker Beschäftigte oder andere Massenentlassungen führen durch die zunehmende Arbeitsplatzunsicherheit zu weiterem Stress. Auch in Österreich steigen die Anzahl der Menschen, die keine Arbeit finden, besonders stark unter den jungen Menschen.

„Die Angst vor Kurz- oder Langzeitarbeitslosigkeit als existenzielle Bedrohung für eine gesicherte Lebens- und Familienplanung, die eigene Altersabsicherung und die kostenintensive Versorgung und Pflege von Angehörigen drängt Menschen in eine Position, in der sie genötigt sind, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Besonders für Frauen führt die schwierige Vereinbarkeit von Familie, Kindererziehung oder Pflege mit dem Beruf zu lang dauernden, oft nicht zu lösenden Konflikten“, schreibt der Arzt Jürgen Hölzinger von der Ärztekammer Berlin im Deutschen Ärzteblatt[12].

Die Belastung in den Betrieben trifft fast alle. Sie kann ähnlich oder gleich sein, dieselbe schwierige laute Schulklasse, dasselbe Projektteam, dieselben Zielvorgaben, und doch sind die Folgen nicht für jeden gleich. Man stelle sich eine Schubkarre vor: Ein großer, kräftiger Mensch bewegt sie mit Leichtigkeit, ein kleiner wird die gleiche Last ungleich schwerer empfinden. Ähnlich ist es mit psychischen Belastungen. Der schlechte Führungsstil und die Probleme im Team führen bei einem/er KollegIn zu Stress, eine/n andere/n scheint es weniger zu berühren. Keiner aber wird auf die Idee kommen, den kleineren Mann zu einer Einrichtung zu schicken, die ihn wachsen oder stärker werden lässt. Vielmehr wird entweder die Karre geringer beladen oder besser, er erhält eine mechanische oder motorische Hilfseinrichtung.

Burnout ist eine Antwort. Wenn Menschen die systematische Überlastung durch die Anforderungen am Arbeitsplatz individuell nicht überleben können zwingt sie ihr Körper in den Prozess des Burnouts. Gusy u.a. beschreiben Burnout als „defensiven Umgang mit empfundenen Arbeitsbelastungen … wenn berufliche Anforderungen die verfügbaren Ressourcen übersteigen“.[13]

Ausfüllung der Poren der Arbeitszeit

Wie im Brennglas wird im Burnout die verschärfte Ausbeutung der Menschen durch die Intensivierung der Arbeit im Arbeitsprozess sichtbar. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist angeblich beendet. Die Beschäftigten aber sind dauerhaft in der Krise in Fabrikhallen, Werkstätten, Büros, Verwaltungen, Callcentern, Forschung- und Wissenschaftseinrichtungen, Sozialen und Pädagogischen Bereichen – auf allen Arbeitsplätzen gleichermaßen. Burnout kann jede/n treffen.

Keineswegs handelt sich um Kollateralschäden des betriebswirtschaftlichen Effizienzsystems. Leistungs- und Konkurrenzdruck sind keine leidige Folge von Managementmethoden, sie sind gewollt. Sie sind das System. Immer mehr Beschäftigte sind überfordert, leiden unter chronischer Ermüdung bis hin zum Burnout schreibt die IG Metall[14].

Hier vollzieht sich, was Marx die „dichtere Ausfüllung der Poren der Arbeitszeit“, d.h. wachsende Arbeitsintensität nannte, die „zugleich vergrößerte Arbeitsausgabe in derselben Zeit, erhöhte Anspannung der Arbeitskraft, dichtere Ausfüllung der Poren der Arbeitszeit, d.h. Kondensation der Arbeit dem Arbeiter zu einem Grad aufzwingt, der nur innerhalb des verkürzten Arbeitstags erreichbar ist. Diese Zusammenpressung einer größren Masse Arbeit in eine gegebne Zeitperiode zählt jetzt als was sie ist, als größres Arbeitsquantum. Neben das Maß der Arbeitszeit als „ausgedehnter Größe“ tritt jetzt das Maß ihres Verdichtungsgrads“[15]. Folge ist ein erhöhter Mehrwert und damit erhöhter Profit.

Werwolfs-Heißhunger der Kapitals
„In seinem maßlos blinden Trieb, seinem Werwolfs-Heißhunger nach Mehrarbeit, überrennt das Kapital nicht nur die moralischen, sondern auch die rein physischen Maximalschranken des Arbeitstags“[16].Karl Marx schreib das 1867. Heute, 150 Jahre später, überrennt das Kapital in seinem maßlos blinden Trieb, seinem Werwolfs-Heißhunger die psychischen Grenzen der Intensivierung der Arbeit und des verlängerten Arbeitstag durch bezahlte und nicht bezahlte Überstunden und Flexibilisierung. Der systematische Verschleiß von menschlicher Arbeitskraft erhöht den Profit.

Der Beweis zeigt sich überall: die VW Nobelmarke Audi frisst mit 860 Mio Euro den Motorradhersteller Ducati „Ein Geburtstagsgeschenk für Ferdinand“ titelt „Der Standard“[17]. Es war nur ein Griff in die Portokasse: Der VW Konzern erreichte 2011 mit 15,8 Mrd. Euro Nettoprofit (nach Steuern) den höchsten Profit aller Zeiten, doppelt soviel wie im Jahr zuvor. Auch die anderen 30-Dax-Konzerne erreichten Höchstprofite. Sie pressten aus den Beschäftigten beinahe 75 Milliarden Euro, das zweitbeste Ergebnis in der deutschen Firmengeschichte[18]. So nimmt es nicht Wunder, dass Deutschland nach der Schweiz und noch vor den USA die höchste Millionärsdichte aufweist. 924 000 Dollarmillionäre tummelten sich im Land. Das sind 1,2 Prozent der Gesamtbevölkerung[19].

In Österreich haben die 20 ATX-Unternehmen heuer zwei Mrd. Euro an die Aktionäre gezahlt, 45 Prozent ihrer ausgewiesenen Gewinne[20]. Bei Magna-Steyr in Graz liefen im Vorjahr deutlich mehr Fahrzeuge vom Band. Der Nettogewinn erhöhte sich mit 1,018 Mrd. Dollar gegenüber dem Rekordwert des Jahres 2010 um 15 Mio. Dollar.[21]

In den letzten 22 Jahren wurde die Ausbeutung massiv von Jahr zu Jahr verschärft. Seit der Versuch, in Europa eine Alternative zum Kapitalismus aufzubauen, abgebrochen und vorerst beendet wurde, hat das zu einer enormen Schwächung der Arbeiterbewegung, ihren Gewerkschaften, der Arbeiterklasse geführt. Resultat sind die faktische Verlängerung von Tages-, Wochen- und Lebensarbeitszeit mit ihrer Kehrseite, der hohen europaweiten Arbeitslosigkeit, der Ausweitung der prekären Arbeitsverhältnisse. Reallohnrückgang, die Unterlaufung von Tarifstandards durch Absenkungstarifverträge, der Ausstieg und der versuchte Ausstieg der Unternehmer aus dem Tarifverträgen, der Rückbau der Errungenschaften des Sozialstaates, die Verringerung der Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze sind andere Folgen.

Hat der Unternehmer Arbeitskräfte bis zur Unbrauchbarkeit verschlissen – für ihn kein Problem. Vor der Tür steht das europaweite Heer der Arbeitslosen, bereit sich mit frischer Kraft in den inhumanen Arbeitsprozess zu werfen, um sein Leben zu fristen. So macht es aus Sicht der Unternehmer durchaus ökonomischen Sinn, wenn TherapeutInnen den Austritt aus dem jeweiligen konkreten Arbeitsprozess vorschlagen.

Kräfteverhältnis
Was also geändert werden muss um Burnout zu stoppen und rückgängig zu machen ist das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen. Nur durch kollektive, organisierte Gegenwehr kann der Stopp des radikalen Arbeitsplatzabbaus, die zusätzliche Einstellung von Beschäftigten, die notwendige Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die Verkürzung der Tages- und Wochenarbeitszeit bei vollem Lohn-, Gehalts und Personalausgleich erreicht werden. Das hilft den Beschäftigten in den Betrieben um sich vor ihrem systematischen Verschleiss zu schützen. Die beinahe drei Millionen offiziell registrierten Arbeitslosen, die 8,4 Millionen Arbeitssuchenden sowie die Millionen in Teilzeit und prekäre Beschäftigung gezwungenen profitierten ebenso davon.

Nur mit einem geänderten Kräfteverhältnis kann die Regierung, die nichts anderes ist als das geschäftsführende Personal der tatsächlich Herrschenden, gezwungen werden, die Umverteilung zugunsten der herrschenden Klasse zu stoppen und Beschäftigungsprogramme statt Belastungspakete zu schnüren. Ein dringliches Problem für die gesamte europäische Arbeiterklasse. 25 Millionen Europäer Innen suchen Arbeit. Das ist mehr, als Österreich, Ungarn und die Slowakei zusammen Einwohner haben. Fünf Millionen junge Menschen haben keine Erwerbsarbeit. Nicht nur Waren sondern auch Arbeitslosigkeit wird von den Exportweltmeistern in Deutschland exportiert.

Es ist wissenschaftlich belegt, schreibt die WHO, dass Länder, die die Folgen einer Wirtschaftskrise durch ein starkes soziales Netz abfedern, ihre Bevölkerung wirksamer vor den Risiken für ihre psychische Gesundheit schützen und so eine schnellere wirtschaftliche Erholung ermöglichen. Als wirksame soziale Schutzmaßnahmen kommen in Frage: aktive Arbeitsmarktprogramme, Unterstützung der Menschen bei der Erhaltung ihrer Arbeitsplätze bzw. einer schnellen Wiederbeschäftigung, Unterstützungsmaßnahmen für Familien, Beschränkungen der Verfügbarkeit von Alkohol, Schuldennachlassprogramme, Zugang zu Angeboten der psychischen Gesundheitsversorgung[22].

Antistressverordnung – ja – aber …
Was ist zu tun? Die IG Metall in Deutschland fordert die Betriebsräte auf, sich zu Experten des Burnouts zu machen. Nicht als Therapeuten, sondern als Experten im Selbstschutz, im Erkennen krankmachender Arbeitsbedingungen und gefährdeter KollegInnen. Sie sollen Burnout im Betrieb zum öffentlichen Thema machen, es aus der Tabuzone, der Stigmatisierung holen, aufklären über die Ursachen, die in den Arbeitsbedingungen liegen und ihre Mitbestimmungsrechte nutzen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Das sind richtige Notwehrmaßnahmen, die sofort eingeleitet werden müssen, um bereits kranken KollegInnen zu helfen und alle anderen zu schützen. Als Lotse sollten sie den Kontakt zu Beratungsstellen und TherapeutInnen herstellen.

Gegen die ausufernden Arbeitszeiten schlägt die IG Metall einige unterstützende Instrumente vor, wie den Arbeitszeit TÜV, das StressBürometer, sowie das Stressbarometer[23]. Auf der Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes sollen sie auf  die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze zu bestehen. Verdi schlägt für Berufe, in denen Beschäftigte Verantwortung für andere Menschen haben, eine „Überlastungsanzeige“[24] vor.

Hans-Jürgen Urban, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, fordert eine verbindliche Antistress-Verordnung von der Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. Sie soll Regeln für Lage und Verteilung von Arbeitszeiten, zum Vorgesetzten-Verhalten, zur Taktung von Arbeitsabläufen oder auch zu Grenzen für Belastung z.B. durch Projektarbeit enthalten. Sofort reagierte der Verband der Siegerländer Metallindustriellen e.V. (VdSM) „Die Arbeitswelt als ausschließlicher Ansatz zur Erklärung psychischer Störungen ist nicht ausreichend und zweckmäßig“, so der Arbeitspsychologe Stephan Sandrock auf der Webseite des Arbeitgeberverbandes. Die Gründe psychischer Störungen lägen seiner Meinung nach häufig in einem schwer entflechtbaren Mix aus Person, Entwicklung, privatem Umfeld, der genetischen Prägung und im Arbeitsverhältnis / Arbeitsumfeld. Eine Unternehmenskultur, die auf Wertschätzung und Gesundheit abziele, hängt vom betrieblichen Umfeld ab und könne nicht verordnet werden (Hervorhebung durch die Autorin).[25]

Das Vorschicken von Unternehmern bezahlten Arbeitspsychologen zeigt, der Stellvertreterpolitik durch Betriebsräte und Gewerkschaften sind spätestens hier Grenzen gesetzt. Der ideologische Verweis über tausende Medien und Institutionen verbreitet, bei Burnout handele es sich um Fälle von wenig belastbaren Menschen oder um individuelles Fehlverhalten, dient der Verschleierung der wahren Ursachen. Je öfter verbreitet, je wissenschaftlicher verbrämt, um so tiefer frisst sie sich in den Köpfen fest. Kollektive organisierte Aufklärung ist die Voraussetzung um mit den KollegInnen gemeinsam im kollektiv organisierten Streit und langfristig auch Kampf den Unternehmern eine Barriere zu setzen gegen die Vernutzung unserer Arbeitskraft, gegen den Verschleiss unserer Gesundheit, unserer Lebenskraft und Lebensfreude.

 

„Die Arbeit ist das Fürsichwerden des Menschen“
schrieb Hegel. Heute, wo Arbeit, wie wir sie unter kapitalistischen Verhältnissen vorfinden, physisch und psychisch krank macht, ist das nur schwer vorstellbar. Und doch ist richtig, was Wilhelm von Humboldt vor 200 Jahren feststellte: „Nie ist das menschliche Gemüt heiterer gestimmt, als wenn es seine richtige Arbeit gefunden hat.“  Jede/r von uns weiss, dass, wenn wir eine Arbeit verrichten, die uns Freude macht, Erfolg und Anerkennung bringt, sind wir heiter gestimmt. Wir sollten uns wieder stärker mit dem Gedanken vertraut machen, dass Widerstand gegen das herrschende ausbeuterische, unsere Lebensgrundlagen und unsere Gesundheit zerstörende System eine Form von Arbeit ist, die unser Gemüt heiter stimmen kann.

Unser Ziel kann dabei nicht sein, die Arbeit abzuschaffen, etwa ein bedingungsloses Grundeinkommen zu fordern, damit wir wieder gesund leben können. „Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums, sagen die politischen Ökonomen. Sie ist dies – neben der Natur, die ihr den Stoff liefert, den sie in Reichtum verwandelt. Aber sie ist noch unendlich mehr als dies. Sie ist die erste Grundbedingung alles menschlichen Lebens, und zwar in einem solchen Grade, daß wir in gewissem Sinn sagen müssen: Sie hat den Menschen selbst geschaffen“[26], erläuterte Engels. Also muss der Kampf um menschliche Arbeitsbedingungen, um Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich gehen – auch wenn das augenblicklich noch als Traum erscheint. In Wirklichkeit haben wir keine andere Wahl, wenn wir nicht in der zivilgesellschaftlichen Barbarei enden wollen.

Sind wir selber überzeugt, dass politische, widerständige Arbeit, Freude machen kann, zu Selbstbewusstsein und Anerkennung führt, gelingt es uns leichter, unsere Mitstreiter in den Betrieben zu überzeugen. Um sich gegen Burnout zu wehren, schreibt Claus Leggewie müssen Menschen nicht nur „widerstandsfähiger, sondern auch widerständiger gemacht werden, gegen Verhältnisse, die sie immer wieder krank machen werden“[27].

„Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen

Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“ legte die der WHO schon 1946 fest. Eine Vision, für die es sich auf dem Weg in Richtung Sozialismus zu kämpfen lohnt. Vielleicht gelingt es uns dabei, aus unserem Land ein gutes Land für uns und unsere Kinder zu entwickeln, in dem der Mensch dem Mensch nicht sein Wolf ist.

Anne Rieger, Dipl. Psychologin, hat als Arbeits- und Betriebspsychologin gearbeitet, ehem. Bevollmächtige der IG Metall,


Quellen:

[1] IG Metall: Burnout – Ausgebrannt – Betriebsräte als Lotsen für Burnout-Betroffene, 2011

[2] FAZ 19.2.2012

[4] Kölner Stadtanzeiger 7.2011

[5] APA OTS0093 25. Jan. 2012

[6] Gusy, B. & Kleiber,D.: Burnout in Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung, Göttingen 1998

[7] International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems herausgegeben von der WHO

[9] IG Metall ebd,

[10] IG Metall ebd.

[11] Kleine Zeitung 23.8.2012

[13] Gusy ebd.

[14] IG Metall ebd.

[15] K. Marx, Kapital I, 432.

[16] K. Marx, Kapital I, 280

[17] 19.4.2012

[18] Handelsblatt 13.3.2012

[19] Schmid, F., Schuhler, C.: Bilanz 2011- Ausblick 2012, isw Wirtschaftsinfo 2012

[20] Die Presse 17.4.2012

[21] Die Presse 2.9.2012

[22] Schutz der psychischen Gesundheit in ökonomischen Krisenzeiten, WHO Regionalbüro für Europa, 17-03-201

[23] IG Metall ebd.

[26] Engels, F. Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen, 1876, MEW 20, 444